Nummer 29: Affen auf der Lok

Ausgebüxte Tiere hielten Güterbahnhofpersonal zum Narren

Etwashausen (Eig.Ber.) Tierische Auswirkungen hat der Lokführerstreik am Mittwoch am Güterbahnhof gehabt: Eine Horde Affen entkam ihren Bewachern und hielt das Personal der Entladestelle eine halbe Stunde lang zum Narren. Der Regionalbeauftragte Gerhard Schlupp erklärte den „Etwaigen Nachrichten“ auf Anfrage, die Rangierergewerkschaft werde regresspflichtig gemacht.

Total überfordert war Rangierer Michael K., als er ganz alleine wieder die Affen zur Raison bringen sollte.

Am frühen Morgen war eine Rangiereinheit im Güterbahnhof eingetroffen. Sie bestand aus einem Viehwaggon und der Rangierlok. Der Rangierlokführer Peter G. war beauftragt, zusammen mit dem Fahrer eines Tiertransportwagens die Affen umzuladen. Just in dem Moment, als er die Tür zum Viehwagen öffnete, schlug es vom Turm der Etwashausener Kirche acht Uhr. „Schluss jetzt, ich streike!“, erklärte G. und setzte sich auf die Bank. Die Rangierergewerkschaft hatte in der Tat zu bundesweiten Arbeitsniederlegungen aufgerufen, weil sie neue Hemmschuhe mit ergonomisch geformten Handgriffen durchsetzen will. „Das kannst du doch nicht machen“, schimpfte Manni Lindner, der Lastwagenfahrer. „Ich muss die Affen doch heute morgen noch in den Zirkus Lenz bringen!“

Eines der Tiere hielt Wilhelm Zebel in Schach. Wie sich später herausstellte, wollte es nur spielen.

Das sei ihm egal, sagte G. Wer wolle, dass er weiter arbeite, könne ihm ja einen ergo- nomischen Hemmschuh geben. „Da bin ich nicht die richtige Adresse“, sagte Lindner. „Hast du schon mal bei deinem Chef gefragt?“ Der habe gesagt, im Moment seien die grade ausverkauft. „Das hat er dann eben davon.“

Während Manni Lindner auf Rangierer G. zugeht, um ihn vom Streiken auf der Bank abzuhalten, hat sich der Güterbahnhof in einen fröhlichen Affenspielplatz verwandelt.

Manni verzweifelte fast. Ein Affe erschreckte Wilhelm Zebel, der eigentlich dabei war, mit dem Kran ein paar Fässer auf einen Flachwagen zu verladen. Ein junger Schimpanse erklomm das Tragseil des Krankhakens und schaukelte fröhlich über dem Pflaster.
Schließlich rief Lindner in seiner Not den Regionalbeauftragten an. Schlupp fiel aus allen Wolken und fragte rhetorisch: „Wie viele Rangierer haben wir eigentlich?“ Lindner gab ihm trotzdem eine ehrliche Antwort: „Drei, glaube ich“, sagte der Lkw-Fahrer. Aber so genau weiß ich das auch nicht.“
Wie auch immer, es streikte nur einer, bis Schlupp sich in seinen Dienstwagen setzte, zum Güterbahnhof fuhr und G. mal richtig die Meinung geigte. „Na gut“, sagte er, „dann fange ich eben wieder an, wenn es hier keine Solidarität gibt.“ Und er ging in den kleinen Lagerschuppen, weil er sich erinnerte, dass da eine Kiste Bananen stand.

Einer versteckte sich gar hinter dem Schornstein.

„Es ist ein Notfall“, sagte er zu Schlupp. „Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen.“ Er hebelte die Kiste auf und nahm ein paar Früchte heraus, die er auf die Plattform des Lastwagens warf. Sofort wurden die Primaten auf die Nahrung aufmerksam und machten sich auf zum Lastwagen.
Während sie sich über die Bananen hermachten, setzten die Rangierer das Gatter in voller Höhe auf die Ladefläche und deckten es ab. Die Fahrt zum Zirkus konnte beginnen.

... berichtet regelmäßig in den “Etwaigen Nachrichten” (EN) über die Ereignisse in Etwashausen. Sie erreichen Fritz P. per Elektronischer Post über das Kontaktformular oder über folgende Anschrift:

Reporterlegende Fritz P.
Etwaige Nachrichten
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Etwashausen

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