Nummer 101: Holztransport nur unter scharfen Auflagen

Sicherheitsbedenken bremsen industrielle Expansion

Ausgedehnte Rangiermanöver sind erforderlich, weil die Holzzüge vorerst nur noch mit Elektroloks bespannt werden dürfen. Das Anschlussgleis des Sägewerks Wildenranna-Süd ist aber nicht elektrifiziert. Hier ist gerade ein Holzzug ins Gleis 1 eingefahren. Gleich wird sich die in Gleis 2 wartende Rangierlok davorsetzen, den Zug zurückziehen und ihn dann in das links am Bildrand abzweigende Anschlussgleis drücken.

Etwashausen, 31. März (Eigener Bericht) Die industrielle Expansion in der Region ist von einem unerwarteten Sicherheitsproblem ausgebremst worden. Für die Holztransporte nach Wildenranna verhängte die Feuerschutzbehörde scharfe Auflagen. Die Züge können vorerst nur noch mit Elektroloks bespannt werden.

Der Regionalbeauftragte Gerhard Schlupp war äußerst ungehalten. „Wir sind doch immer um die Sicherheit der Bundesbahn bemüht“, schimpfte er. „Wir brauchen keine externen Aufpasser.“

Die Feuerschutzbehörde hatte zuvor die neuen Holztransporte zum Sägewerk Wildenranna-Süd einer Sicherheitsprüfung unterzogen. „Mit Dampfloks geht das so nicht“, sagte Prüferin Gertrude Nuhn. „Bei dem Tempo, das die auf der Steilrampe vorlegen, ist die Gefahr des Funkenflugs gegeben. Und auf einmal fangen die Stämme an zu brennen.“ Sie ordnete an, dass nur noch Elektroloks vor die Holzzüge gespannt werden dürfen. Schlupp und Güterbahnhofschef Jürgen Vogel wiesen vergeblich darauf hin, dass bisher noch nie etwas passiert sei, weil die Loks mit guter Steinkohle befeuert würden, die wenig Funken verursache, und die Stämme meistens frisch geschnitten und daher feucht seien.

„Wollen Sie schuld sein, wenn ein Zug mit brennenden Waggons am Lager der Farben-AG vorbeifährt oder gar zum Stehen kommt und die Chemikalien in die Luft fliegen?“, fragte Nuhn rhetorisch. „Nein, nein, wenn Sie wieder Dampfloks einsetzen wollen, müssen Sie ein Unbedenklichkeitsgutachten beibringen.“ Sie setzte einen „Basta“-Blick auf und schrieb die Anordnung in ihr Berichtsformular.

Gertrude Nuhn im Streitgespräch mit Güterbahnhofschef Jürgen Vogel. Jeder Widerspruch blieb zwecklos.

So wurde eine moderne Lok der Baureihe E 40 eigens nach Etwashausen umbeheimatet. Sie zieht jetzt zweimal in der Woche die Holzzüge nach Wildenranna. „Alle Wetter“, sagte Lokführer Wieland Hellmich, „die hat ganz schön Kraft. Und sauberer ist sie auch. Ihr könnt ja die Dampfloks so schön finden wie ihr wollt, arbeiten auf der E-Lok ist bequemer.“

Die E 40, die eigentlich Langstreckengüterzüge über Neustadt nach Hamburg oder München ziehen soll, wurde eigens nach Etwashausen beordert. Hier hat sie sich gerade vor einen Holzzug nach Wildenranna gesetzt.

„Da magst du recht haben“, entgegnete Schlupp, als er sich wieder abgeregt hatte, aber wir müssen noch eine Weile mit den Dampfloks auskommen.“ Die Bundesbahn könne es sich nicht leisten, alles auf einmal umzustellen, und selbst wenn, könnte die Industrie ja gar nicht so viele Maschinen auf einmal bauen. „Und jetzt muss ich das Gutachten in Auftrag geben“, verabschiedete er sich.

Großer Aufwand entstand bei der Ankunft der Züge in Wildenranna. Wo früher der ganze Zug einfach ins Anschlussgleis fuhr, wurden jetzt umfangreiche Rangiermanöver nötig. Das Anschlussgleis ist nämlich nicht elektrifiziert. Das kann auch nicht nachgeholt werden, denn für Werksgleise gibt es ebenfalls Sicherheitsauflagen. Und die verbieten in der Regel die Überspannung mit Fahrdraht.

Also muss eine Rangierlok in Wildenranna stationiert werden, die die Übergabe des Zuges vom Bahnhof Wildenranna zum Sägewerk und zurück erledigt. Vogel ordnete an, dass zunächst jeweils die V 60 aus dem Güterbahnhof dorthin fährt, wenn ein Holzzug erwartet wird. „Könnte die nicht gleich den ganzen Zug mitnehmen“, fragte Schlupp. Der Güterbahnhofschef rollte kaum merklich mit den Augen. Schlupp hätte es eigentlich wissen müssen: „Die kommt doch mit den Holzwagen die Rampe nicht hoch“, erklärte Vogel.

Fast senkrecht stieg der Dampf von der Lok auf. „Man weiß nie, wohin die Funken fliegen“, sagte Prüferin Nuhn. „Besonders wenn der Wind geht, können sie leicht auf die Stämme fallen.“

„Tja, es wäre schön, wenn wir eine stärkere Rangierlok hätten, die hilfsweise auch mal auf der Strecke eingesetzt werden kann“, stöhnte Schlupp. „Aber selbst wenn die bald gebaut werden sollte – Etwashausen kriegt bestimmt wieder zuletzt eine.“

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Etwashausen

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