Nummer 52: Noch mal Schwein gehabt

Ursache möglicherweise Nachbarschaftsstreit in der Siedlung
Jolanthe löste Notbremsung des Nahverkehrszugs aus

Der Zug kam auf freier Strecke zum Stehen. Jolanthe tut, als wäre nichts geschehen.

Etwashausen (Eig.Ber.) Ein freilaufendes Schwein hat am Samstag für eine Schreckse- kunde bei Besatzung und Fahrgästen des Nahverkehrszugs aus Wildenranna gesorgt. Die Sau Jolanthe war aus dem Stall von Bauer Hartmut Wolf ausgebüxt und in Richtung Bahndamm galoppiert. Dank einer Notbremsung konnte Lokführer Horst Schulz ein Unglück verhindern. Ursache für den Ausflug des Tiers ist möglicherweise ein Nachbarschaftsstreit. Die Ermittlungen dauern an.
Wolf mutmaßte, dass jemand mutwillig die Stalltür geöffnet und Jolanthe herausgelassen hat. Die Sau ist bekannt für ihre Agilität. Schulz legt sehr viel Wert darauf, dass seine Tiere möglichst viel Bewegung haben. Er wurde schon oft
gesehen, wie er Jolanthe an der Leine durch das Siedlerviertel führte. Darüber hinaus hat er sich mit seinem Einsatz für die große alte Eiche hinter dem Dorfkrug nicht nur Freunde gemacht. Er plädierte in einer Eingabe an den Stadtrat dafür, sie zum Naturdenkmal zu erklären, damit sie nicht gefällt und beschnitten werden dürfe. Noch ehe Wolfs Nachbar Ernst Weiß davon Wind bekam, hatte der Stadtrat die Eingabe positiv beschieden und gleich auch noch die Straße enger gemacht, damit Autos nicht die herabhängenden Äste beschädigten. Dazu wurde ein überdimensioniertes Verbotschild für Autos über zwei Meter Breite aufgestellt.

Das Verbotsschild vor Weiß’ Mercedes 300.

Weiß, der die Eiche am liebsten ganz weg gehabt hätte, ließ alle Beziehungen spielen, um Beschluss und Baum noch zu Fall zu bringen, aber Bürgermeister Meyer beschied ihn abschlägig: „Beschluss ist Beschluss!“ Da hätte er früher aufstehen müssen. „Na, der Bauer kann was erleben“, murmelte Weiß, als er das Rathaus wieder verließ.

Die Eiche in ihrer ganzen Pracht.

Was er damit meinte, sagte der Fabrikbesitzer nicht. Wolf sprach es bei seiner Vernehmung nicht direkt aus, aber die Polizisten merkten doch, dass er Weiß im Verdacht hatte, die Stalltür heimlich geöffnet zu haben.
Jolanthe jedenfalls marschierte durch die Tür schnurstracks ins Freie auf die Weide, während Bauer Wolf mit seinem Trecker beim Einkaufen war. „Aus dem Führerstand sah es so aus, als ob sie auf den Bahndamm rasen wollte“, sagte Schulz, als er von EN-Reporter Fritz P. exklusiv interviewt wurde.
Nachdem der Lokführer sich von dem Schreck erholt hatte, rief er erst einmal die Polizei. „Gut, dass es so eine übersichtliche Strecke ist. Da war der Bremsweg lang genug.“ Und Jolanthe war ja auch kein dummes Schaf, denn als sie gewahr wurde, was da ankam, stoppte sie vor dem Bahndamm und blieb auf der Weide stehen. „Die hat sich richtig umgeguckt“, sagte Genoveva F., die das Ereignis aus dem Fenster des Dorfkrugs beobachtet hatte. „Und dann ist sie stehen geblieben und die Lok neben ihr.“
Die Polizisten riefen dann den Förster, der seinen alten amerikanischen Tiertransporter anließ und Jolanthe auf einer schnell zusammengetragenen Rampe aus Dachsparren auf die Ladefläche trieb.
„Das ist ja noch mal glimpflich ausgegangen“, sagte Hauptwachtmeister Siegfried Rudolph zu Bauer Wolf. „Wenn ich den erwische, der den Stall aufgemacht hat, aus dem mache ich Hack- fleisch“, drohte dieser. Rudolph warnte: „Denken Sie dran, was Sie sagen.“ Hauptsache, die Ei- che ist gerettet, und Jolanthe ist nichts passiert. Wäre doch schade um den Schinken gewesen.“

Jolanthe besteigt den alten amerikanischen Tiertransporter.

... berichtet regelmäßig in den “Etwaigen Nachrichten” (EN) über die Ereignisse in Etwashausen. Sie erreichen Fritz P. per Elektronischer Post über das Kontaktformular oder über folgende Anschrift:

Reporterlegende Fritz P.
Etwaige Nachrichten
Hauptstraße / Markt
Etwashausen

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