Wildenranna will Mercedes – Etwashausen hat kein Geld
Etwashausen, 30. Dezember 2016 (Eigener Bericht) Im Rathaus von Etwashausen ist ein heftiger Streit über die Beschaffung eines neuen Feuerwehrfahrzeugs für Wildenranna ausgebrochen. Im Stadtrat, der über die Infrastrukturangelegenheiten beider Gemeinden entscheidet, kam es zu turbulenten Szenen, weil Bürgermeister Wilhelm Ulrich und die ihn stützende Koalition keine Drehleiter in voller Größe anschaffen wollen.
Die Abgeordneten, die im Stadtrat Wildenranna vertreten, machten sich dafür stark, eine große Mercedes-Drehleiter zu beschaffen, und argumentierten damit, dass das derzeit vorhandene Fahrzeug ebenfalls von der Marke mit dem „guten Stern“ stammt. Es sei allerdings für die gestiegenen Anforderungen zu klein geworden, sagte der Abgeordnete Hans-Jürgen Kummer.
Für die Etwashausener Feuerwehr erklärte Hauptmann Alexander Hellmann, dass man die besten Erfahrungen mit dem Magirus-Fahrzeug gemacht habe, vor allem, weil der Hersteller ein Komplettpaket anbiete. Bei Mercedes sei das anders, und außerdem brauche Wildenranna nicht so ein großes Fahrzeug wie Etwashausen. Schließlich seien die Häuser dort kleiner und auch nicht so hoch wie in der Stadt, ganz zu schweigen davon, dass dort weniger Menschen wohnten. Er erinnerte daran, dass vor neun Jahren die Drehleiter bei einem Ufo-Alarm erfolgreich zur Rettung einer Familie vom Dach eines fünfstöckigen Mehrfamilienhauses eingesetzt wurde. Hellmann meinte: „In Wildenranna hat es ja bis jetzt noch nie gebrannt, also habt ihr auch gar keine Erfahrungen mit den Anforderungen an ein richtiges Feuerwehrfahrzeug. Das sieht man schon daran, dass auf dem Dach eures derzeitigen Mercedes auch ein Schlauchboot untergebracht ist, obwohl es in Wildenranna weder Teich noch Fluss oder Bach gibt.“
Das löste wütende Entgegnungen bei den Wildenrannaer Vertretern aus. „Bloß weil ihr mit Eurem Leiterwagen mal ein Kind von einem Dachbalken geholt habt, braucht ihr jetzt nicht so zu tun, als wärt ihr die absoluten Fachleute“, schimpfte Kummer. Ein Fraktionskollege fügte hinzu: „Repariert ihr doch erst mal die Frontpartie von Eurem Trecker“, und meinte: „DieMercedes-Drehleiter sieht eh viel besser aus.“
„Als ob es darum ginge“, entgegnete Bahnhofsvorsteher Jakob Claus, der als Fachmann eines Infrastrukturbetriebs beigeladen worden war. „Es kommt doch darauf an, dass die Wehrleute schnell und mit optimalem Gerät sofort vor Ort sind.“ Gerade in Wildenranna müsse ein Fahrzeug wendig sein, wenn es zum Beispiel um Rettungsleistungen im Gewerbegebiet gehe.
„Und was ist mit unserem großen Bahnhofs-Empfangsgebäude?“,fragte Kummer und sprach damit einen der sehr wunden Punkte in den Beziehungen beider Gemeinden an. Etwashausen hat zwar am Schienenverkehr wesentlich höhere Anteile als Wildenranna, dieses aber hat das deutlich größere und repräsentativere Empfangsgebäude.
Da mischte sich der Bürgermeister ein. „Ihr könnt erzählen, was ihr wollt“, sagte Ulrich, „aber für eine große Drehleiter haben wir kein Geld.“ Und schon gar nicht für eine von Mercedes, bei der für den Stern ja noch extra bezahlt werden müsse.
Und dann führte er in einer längeren Rede aus, wie er sich bei mehreren Herstellern kundig gemacht habe, ob es nicht eine kostengünstigere Lösung gebe. Und da sei er auf die Firma Opel gestoßen. Die biete auf der Basis des Opel Blitz sowohl Kleingruppenlöschfahrzeuge als auch Drehleitern an. Deutliches Murren in der Wildenranna-Fraktion war die Folge. Einer ließ sich mit der Einschätzung vernehmen: „Jeder Popel fährt nen Opel.“
Das sei aber nun wirklich unsachlich, entgegnete Ulrich. Er ließ durchblicken, dass einige der für die Zukunft geplantenAnschaffungen für beide Orte neu überdacht werden müssten, wenn für das Feuerwehrfahrzeug von Wildenranna mehr als 90.000 Taler ausgegeben werden müssten. „Wir sind ja hier nicht in derSchweiz.“ Ulrich beantragte, dass über die Beschaffung abgestimmt werde. Zuerst ging es um einen Antrag, ob für Wildenranna eine Mercedes-Drehleiter beschafft werden solle. Der wurde erwartungsgemäß abgelehnt. Daraufhin beantragten die Wildenrannaer eine Vertagung der endgültigen Entscheidung bis zur nächsten Sitzung. „Wir müssen die Sachlage erst noch einmal neu beraten“, sagte Kummer.