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Nummer 148: Sensationeller Fund in der Gebirgshöhle

Geschrieben von Thomas Rietig am 14. Juli 2013

Stadt übernimmt fünf Mercedes-Klassiker aus der Vorkriegszeit

Die Neuerwerbungen werden erst einmal auf dem Marktplatz ausgestellt.

Die Neuerwerbungen werden erst einmal auf dem Marktplatz ausgestellt.

Etwashausen, 14. Juli (Eigener Bericht). Etwashausens Kulturdezernent Friedbert Dünger hat den Fund seines Lebens gemacht: Auf einer Wanderung im Mittelgebirge entdeckte er in einer völlig zugewachsenen Felsenhöhle fünf fast fabrikneue Mercedes-Personenwagen aus den 30er Jahren. Da die Besitzverhältnisse bislang ungeklärt sind, veranlasste die Stadt zunächst eine Eigentumssicherung der Fahrzeuge und stellte sie auf dem Marktplatz aus.

 

Wie die Fahrzeuge in die Höhle kamen, ist noch völlig unklar. Möglicherweise sind sie von Kriegsgewinnlern, Flüchtlingen oder Soldaten dorthin gebracht worden. Im Werk fehlen sie jedenfalls nicht: Auf Anfrage der „Etwaigen Nachrichten” erklärte ein Sprecher des Stuttgarter Herstellers, ihm fehlten keine Autos.

Es handelt sich um Limousinen des Typs 260 D, des ersten serienmäßigen Diesel-Pkw der Welt. Die Tachometer stehen bei allen Fahrzeugen auf etwa 3600 Kilometer. Den genauen Fundort nannte Dünger nicht: „Möglicherweise sind weiter hinten in der Höhlenoch andere Kostbarkeiten. Da lassen wir lieber professionelle Forscher suchen”, sagte er. Auch Fotos davon werde er nicht freigeben.

Die knapp 20 Jahre alten Autos waren durchweg mit Planen abgedeckt und mit einem Konservierungsmittel behandelt worden. Die Türen waren unverschlossen, je ein Zündschlüssel steckte, der andere lag im Handschuhfach. Die Tanks waren leer, die Reifen platt. Auch Motor- und Getriebeöl war abgelassen, die Batterien ausgebaut worden. Abgesehen von den Bedienungsanleitungen gab es zunächst keinerlei Papiere in den Wagen, die Hinweise auf den oder die Besitzer hätten geben können. Die fünf Fahrzeuge sind weitgehend baugleich, lediglich bei dem rotbraunen Exemplar fehlt dem Kühler der typspezifische Grill.

Entladevorgang: Die 260er werden vom Zug auf den Tieflader verfrachtet.

Entladevorgang: Die 260er werden vom Zug auf den Tieflader verfrachtet.

Dünger hatte bei seiner Wanderung einige Fledermäuse verfolgen wollen, die sein Interesse geweckt hatten. „Sie verschwanden plötzlich in den Felsen”, sagte er. Die Tiere führten ihn zu dem von außen nicht erkennbaren Höhleneingang hinter nahezu undurchdringlichem Unterholz.

Als er die Autos entdeckt hatte, rief er die Polizei, um den Fundort zu sichern, und organisierte dann einen Bergungstrupp, der die Reifen aufpumpte, die Fahrzeuge unter ihren Planen vorsichtig aus dem Wald schleppte und in einer nahe gelegenen Holzverladestelle auf Güterwagen verfrachtete, mit denen sie nach Etwashausen gebracht wurden.

Am Güterbahnhof wurden die Autos zunächst von ihren Planen befreit und dann einzeln auf einen Tieflader gehievt. Der brachte sie zum Marktplatz.

„Wir stellen sie heute und am kommenden Wochenende aus, damit die Bürger sie bewundern können”, sagte Bürgermeister Wilhelm Meyer. „Irgendwie gehören ihnen die Autos ja auch.” Später sollen sie erst einmal im Betriebshof der Lokalbahn sicher abgestellt werden.

Anhand der Schilder mit Motor- und Fahgestellnummern startete der Stadtrat eine Nachfrage beim Stuttgarter Mercedes-Stammsitz. Dort konnte zwar das Herstellungsdatum ermittelt werden, die Akten über die Kunden sind jedoch verloren gegangen, wie ein Sprecher mitteilte. „Wir machen jetzt für drei Monate einen Aushang, damit sich eventuelle Besitzer melden können”, sagte Dünger. Auch in einschlägigen Zeitschriften soll eine Anzeige geschaltet werden.

„Wenn sich niemand meldet, gehen die Fahrzeuge endgültig in den Besitz der Stadt über.” Und dann? „Das ist noch nicht entschieden. Da müssen wir eine demokratische Entscheidung herbeiführen. Sicher werden wir versuchen, mindestens einen 260er wieder fahrbereit zu machen.” Auf der Investitionsliste stehe ja ein städtisches Museum, da könne die Stadt die Wagen dauerhaft unterbringen, meinte Dünger. „Wir müssen ja nicht alle fünf behal­ten.”

„Kann man eventuell auch einen kaufen?”, fragte Genoveva den Dezernenten, als sie sich auf dem Marktplatz die Wagen ansah. „Ich weiß nicht, ob du das wirklich willst”, gab Dünger zu bedenken. Er ist nicht ganz einfach zu bedienen, und er fährt auch nur sehr langsam den Berg nach Wildenranna hinauf.” Aber im Verbrauch sei der Wagen günstig. Trotz seines voluminösen Motors mit mehr als zweieinhalb Litern Hubraum verbrauche er meist unter zehn Liter Diesel.

Auf dem Tieflader ging es zum Marktplatz. Hier gut sichtbar: Der nicht ganz mercedes-typische Kühlergrill des rotbraunen 260 D.

Auf dem Tieflader ging es zum Marktplatz. Hier gut sichtbar: Der nicht ganz mercedes-typische Kühlergrill des rotbraunen 260 D.

Thema: Nachrichten
Schlagwörter:
Bürgermeister Meyer, Genoveva, Kriegsgewinnler, Mercedes

Thomas Rietig

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