Nummer 53: Schlange bis vor die Tür

Personal am Bahnhof ist nicht auf Fahrgastzuwachs eingestellt
Sommer-Service lässt zu wünschen übrig

Großer Andrang vor dem Etwashausener Reisezentrum.

Etwashausen (Eig.Ber.) Die hohen Benzinpreise von inzwischen 39,9 Kreuzer pro Liter Super und der Beginn der Urlaubssaison haben im Schienenverkehr für einen Passa- gierzuwachs gesorgt, dem sich das Etwashausener Bahn-Personal bislang nicht gewachsen zeigt. Von den EN auf das Problem angesprochen, schlug ein Bahnvorstands- mitglied vor, das Personal flexibler einzusetzen.
Immer mehr Menschen entscheiden sich bei der Wahl des Verkehrsmittels für die Bahn, nachdem ein Liter Benzin inzwischen deutlich teurer ist als eine Ausgabe der „Etwaigen Nachrichten“. Nur wenige Neukunden wissen jedoch, dass man sich am besten eine Zeitkarte kauft, damit man so selten wie möglich in einer Schlange stehen muss. Deshalb reichte sie am Freitag auch vom Schalter im Empfangsgebäude bis auf den Bahnhofsvorplatz. Der Fahrer des Busses zum Dorfkrug wollte schon eine Beschwerde einreichen, dass er sein Gewerbe nicht unbehindert ausüben könne, als die Wartenden ihm doch noch eine Lücke zur Abfahrt frei machten.
Schon bei der Ankunft des Zuges aus Neustadt hatte es viel Aufregung gegeben. In einem der Waggons hing ein Kabel mitten im Fahrgastraum. Daraufhin evakuierte Zugführer Ludwig Schwerin die beiden betroffenen Abteile und alarmierte von einem Unterwegsbahnhof aus den Etwashausener Bahnhofsvorsteher Claus Jacob. Der versprach, bei der Einfahrt in den Bahnhof für Abhilfe zu sorgen.
Bis der Zug eintraf, hatte Jacob bereits mehrere Personen zur Problemlösung abkommandiert, unter anderem auch Fahrkartenverkäufer Heinrich Herrmann, sodass hinter dem Schalter erst einmal Funkstille herrschte und die Wartenden sich in Geduld fassen mussten.
Einer der Wartenden rief aber von der Telefonzelle im Bahnhofsgebäude seinen alten Spezi, den Regionalbeauftragten Gerhard Schlupp, an, und beschwerte sich direkt. Schlupp veranlasste, dass Herrmann sofort wieder hinter seinen Schalter ging, da er ohnehin von Elektrik nicht viel Ahnung hat. Was Schlupp nicht wusste: Der Fahrgast rief auch die „EN“ an.
Claus, dem es mit der Elektrik ganz ähnlich ging, wandte sich daraufhin in seiner Verzweiflung an Lokführer Horst Schulz. Der bemühte sich an den Schadwaggon, begutachtete kurz das Problem, sagte: „Das haben wir gleich“, und befestigte das Kabel wieder an den vorgesehenen Halterungen im Wagendach.

Bahnhofsvorsteher Jacob Claus (rechts) und Lokführer Horst Schulz begutachten das Problem.

Für Reporterlegende Fritz P ., der inzwischen auch zum Bahnhof geeilt war, stellte sich eine echte Rechercheaufgabe: „Darf der Lokführer das?“ Er rief einen Bahnvorstand an, dessen Name nicht genannt werden darf. Der fragte zurück: „Warum nicht?“
Es sei überhaupt wichtig, dass die Bahnbediensteten und Beamten flexibler seien an- gesichts der neuen Anforderungen. „Warum sollen die nicht auch mal den Bahnsteig fegen oder einen Schadwaggon reparieren?“, fragte er. Sollten die Bahnsteige bei der Ankunft schon sauber sein, könnten sie ja ein paar Minuten beim Fahrkartenverkauf mithelfen, um die Schlange zu verkürzen.

Am Abend hatte sich die Situation wieder normalisiert. Der Etwashausener Bahnhof im romantischen Abendlicht.

Von den „Etwaigen Nachrichten“ mit dieser Auffassung konfrontiert, protestierten sowohl Schulz wie auch Herrmann. „Soll ich dann etwa auch mal die Loks fahren, wenn Not am Mann ist?“, fragte er.
Abends traf er Schlupp, der für seine Leut- seligkeit bekannt war, am Stammtisch. „Und was ist eigentlich mit dem Heizer?“ – „Der muss ja heizen. Hier hat jedenfalls niemand die Absicht, die Dampfloks abzuschaffen“, sagte der Regionalbeauftragte. „Na, da wird sich der Martin aber freuen“, sagte Herr- mann und wechselte das Thema. Heizer Martin Schell lag da schon im Bett und träumte unruhig.

... berichtet regelmäßig in den “Etwaigen Nachrichten” (EN) über die Ereignisse in Etwashausen. Sie erreichen Fritz P. per Elektronischer Post über das Kontaktformular oder über folgende Anschrift:

Reporterlegende Fritz P.
Etwaige Nachrichten
Hauptstraße / Markt
Etwashausen

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