Nummer 102: Grüne wollen Panzertransporte in die Stadt

Empörung bei Bürgern und in der Verwaltung

Der Militärzug wird gestoppt. Klaus-Dieter Schulze-Hartnack (links) platziert gerade sein Transparent vor der Lok. Eine unbekannte Helfershelferin hat sich auf die Kupplung gesetzt, und Lokführer Wieland Hellmich schaut sich die bescherung an. Ganz rechts Reporterlegende Fritz P. Im Hintergrund ist der US-Tanklaster zu erkennen.

Etwashausen, 16. April (Eigener Bericht) Die Grünen wollen offenbar Militärtransporte in die Stadt dirigieren. Den „Etwaigen Nachrichten“ wurde eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion zugespielt, in der es um die künftige Nutzung der Bahnstrecke nach Etwashausen geht. Die Absicht sorgte in der Verwaltung wie auch in der Bürgerschaft für große Aufregung. Bürgermeister Wilhelm Meyer erklärte, dass er sich diesem Ansinnen mit allen Mitteln in den Weg stellen wolle.

Die bisher als pazifistisch bekannten Grünen drücken darin deutliche Sympathie für Militärtransporte auf der Etwashausener Bahnstrecke aus. Zugleich befürchten sie offenbar, dass die strecke stillgelegt werden soll. Es werde „ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Bundeswehr ein erhebliches Interesse am Erhalt der Bahnstrecke hat“, hieß es in der Anfrage der Partei (Drucksache 17/1262, www.bundestag.de). Meyer sagte dazu, es sei nie geplant gewesen, die Strecke stillzulegen.

Der Bürgermeister ergänzte, er verstehe überhaupt nicht, wie die Grünen dies unterstellen könnten. „Es kann nur so sein, dass sie die Existenz Etwashausens und seines Bahnhofs mit regem Güter- und Personenaufkommen auf der Schiene überhaupt nicht kennen.“ Kenner des Bundestages erklärten, zwar stehe am Ende einer Kleinen Anfrage kein Durchführungsbeschluss. Aber oft solle damit sondiert werden, ob eine Kampagne zu dem Thema Erfolg verspreche.

Ausriss der Bundestagsdrucksache zur Etwashausener Bahnstrecke.

Der Regionalbeauftragte der Bundesbahn, Gerhard Schlupp, hatte sich zu Anfang der Debatte für die Militärtransporte ausgesprochen. Die damit verbundenen Mehreinnahmen im Hinterkopf, hatte er argumentiert: „Immer noch besser als auf der Straße“, und sich überlegt, welche Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz man da aus dem Staatssäckel holen könnte.

Er mobilisierte sogar eine Museumslok aus Reichsbahnzeiten, die mit einem angehängten Flachwagen den US-Army-Tanklaster von Feuerwehrhauptmann Alexander Hellmann mehr oder weniger triumphal durch die Stadt fahren sollte. Hellmann hatte seinen Oldtimer bereitwillig hergegeben. Er stand dem Ansinnen auch positiv gegenüber und zeigte seit einigen Tagen ständig ein Bild von einem Panzer auf einem Waggon herum: „Da ist doch eigentlich gar nichts dabei“,fügte er gerne hinzu.

Der Alt-68er Klaus-Dieter Schulze Hartnack dagegen organisierte eine Spontandemo. Just in dem Moment, als der Militärzug von Gleis 1 abfahren wollte, stellte er sich vor die Lok, und als Lokführer Wieland Hellmich die Maschine zum Stehen gebracht hatte, platzierte er sehr fotogen ein Anti-Panzer-Plakat zwischen den Puffern. Von nun an werde er jeden Montag gegen die Militarisierung Etwashausens auf die Straße oder auf die Schiene gehen, bis der Angriff abgewehrt sei, versprach er. „Notfalls setze ich mich mit meinem alten Hintern noch mal auf die Gleise wie damals“, drohte er. „Was will das Militär überhaupt in unserer Stadt?“

Meyer wusste darauf auch keine Antwort. Ihm fiel nur ein, dass Hellmanns recht schadstoffreicher Tanklaster schon mehrfach Gegenstand von Streitigkeiten in der Stadt gewesen war. Wegen der steigenden Benzinpreise fuhr er aber ohnehin nur noch selten mit seinem Laster.

„Wir werden mal eine Delegation der Grünen oder am besten des ganzen Bundestages in die Stadt einladen“, kündigte Meyer an. „Sie sollen aber mit der Bahn anreisen, damit sie sehen können, wie gut der Schienenverkehr hier in der Gegend funktioniert.“

Meyer machte diesen Gedanken aber ein schnelles Ende. „Wissen Sie, was die Bürger hier sagen, wenn Panzer durch die Stadt rollen?“ Die bisherige friedliche Tradition solle aufrechterhalten werden, und zwar ohne Wenn und Aber.

Er hatte in aller Stille ein paar Beamte auf die Straßen geschickt, die am Marktplatz die Leute in Gespräche zu dem Thema verwickelten. Sie kamen mit einem Meinungsbild zurück, dass eindeutig gegen die Transporte war. Und so war sich Genoveva abends am Stammtisch sicher, dass es keine solchen Transporte geben werde. „Am Ende werden auch die Grünen sagen, sooo hätten sie es ja auch gar nicht gemeint“, prophezeite sie.

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