Preiserhöhungen mit neuer Expressverbindung versüßt
Etwashausen, 15. September (Eigener Bericht) Die Bundesbahn gibt sich einen interna- tionalen Anstrich: Auch in Etwashausen und Wildenranna machen künftig regelmäßig internationale Schnellzüge Station. Verkehrsteilnehmer beschweren sich schon während des Probebetriebs über lange Wartezeiten an den Schranken. Zugleich kündigte die Bahn an, zum Fahrplanwechsel im Dezember die Preise um fünf Prozent zu erhöhen.
Schon jetzt hält regelmäßig ein internationa- ler Expresszug im Probebetrieb in Etwashausen. Er verbindet Wien mit Kopenhagen. Es ist der zweite Zug nach der im vorigen Jahr eingerichteten Verbindung Paris – Etwashausen. Der Regionalbeauftragte Gerhard Schlupp schwärmte vor der Presse: „Der europäische Gedanke geht auch an unserer Stadt nicht vorbei. Wir müssen offen in alle Richtungen sein.“
Unter dem skeptischen Stirnrunzeln von Hans-Karl Ulrich, dem Sprecher des Bürgermeisters, malte Schlupp am Montag im Rathaus ein Bild von Einkaufszentren und Luxushotels zu beiden Seiten der Hauptstraße und von Hunderten von Arbeitsplätzen, die die beiden Verbindungen mit Sicherheit zur Folge haben würden. „Was erzählen Sie denn hier? Es ist doch gar kein Wahlkampf“, erinnerte er seinen Parteifreund, den Bahnbeamten. „Diese Versprechen können Sie doch niemals halten.“
Der neue Zug fährt bis Mitte Dezember erst einmal im Testbetrieb mit unterschiedlichen Lokomotivtypen, soll aber zum Fahrplanwechsel eine Dauereinrichtung werden, wahrscheinlich mit E-Loks. Er führt auch Schlaf- und Speisewagen mit sich. Die bunten Luxuswaggons sorgten bei ihrem ersten Erscheinen für viel Aufsehen unter der Bevölkerung.
Die Reaktionen waren nicht nur positiv. Professor Nordegeh bemängelte, dass der Zug keine einheitliche Farbgebung aufweist. „Die unterschiedlichen Farben unterstreichen die Internationalität des Zuges“, entgegnete Schlupp, „und erleichtern den Fahrgästen außerdem das Auffinden ihres Wagens.“ Am Bahnübergang Hauptstraße bildete sich eine Schlange, weil aus Sicherheitsgründen die Schranken schon lange vor der Ankunft des Zuges geschlossen werden. „Mitten im Berufsverkehr. Das ist doch die Höhe! Ich gehe jetzt erst mal einkaufen“, sagte Helga Müller-Lange wütend und stieg einfach aus ihrem wartenden Mercedes-Cabrio aus. Beifahrerin Hanny Muthesius protestierte: „Und wenn die Schranke zu früh wieder hoch geht? Ich habe doch gar keinen Führerschein.“ Sie musste sich keine Sorgen machen. Als Helga zurückkam, war der Zug gerade durchgefahren.
Schlupp sagte, die Fahrplanlage könnte sich möglicherweise noch ändern. „Das entlastet vielleicht den Berufsverkehr. Aber internationale Fahrplankonferenzen können nur bedingt Rücksicht auf die Schrankenöffnungszeiten in unserer Stadt nehmen.“ Zurzeit kommt der Express in nördliche Richtung genau um 17.05 Uhr durch – wenn er pünktlich ist.
Den eigentlichen Hammer ließ Schlupp am Ende der Pressekonferenz los: Die Fahrkarten werden um fünf Prozent teurer. Auch im Dezember. „Wir haben ein Wirtschaftswunder, da will jeder ein Stück vom Kuchen. Wir müssen unsere Leute ja auch bezahlen“, warb Schlupp um Verständnis. „Als sie vor zwei Jahren die Preise erhöht haben, hatten wir eine Flaute. Wie war da doch gleich die Begründung?“, fragte Reporterlegende Fritz P. Verärgert wich Schlupp aus: „Damals war das ganz etwas anderes. Da mussten wir antizyklisch investieren. Sie dürfen hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.“
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