Nummer 31: Ufo-Alarm in der Innenstadt

Falschmeldung aus der Sternwarte sorgte für Panik
Nachtliche Feuerwehr-Aktion in der Hauptstraße

Etwashausen (Eig. Ber.) Eine Falschmeldung über ein auf Etwashausen zu steuerndes Unbekanntes Flugobjekt (Ufo) hat in der Nacht zum Sonntag panikartige Reaktionen in der Innenstadt hervorgerufen. In der Goethestraße flüchteten sich Menschen in Keller, um sich vor den erwarteten Außerirdi- schen in Sicherheit zu bringen. Andere, darunter Reporterlegende Fritz P., bestiegen das Dach des Gebäudes in der Hauptstraße, in dem das Kino untergebracht ist, um die Vorgänge am Nachthimmel zu verfolgen. Familie Müller-Lange aus dem Wiesenweg, die sich gerade in der Stadt aufhielt, überredete Passanten, über der Goethestraße ein großes Willkommens-Plakat zu hissen. Feuerwehr und Polizei mühten sich mit Leiterwagen- und Hubschrauber-Einsatz, wieder Ruhe in die Stadt zu bringen. Verletzt wurde niemand.
Alles hatte damit begonnen, dass ein Praktikant (er schämt sich und möchte daher nicht genannt werden, Red.) der Sternwarte in Wildenranna in seinem Teleskop ein unidentifiziertes Objekt ausgemacht hatte, das mit hoher Geschwindigkeit auf die Erde zuzurasen schien. Da in einschlägigen Zeitschriften und Internetseiten nichts von einem Meteoriten gemeldet worden war, schloss er messerscharf, dass es sich um ein Ufo handeln müsse, und erinnerte sich an ein Versprechen des Moderators Willi Vermöhlen vom Rundfunksender „Die 79erFM“, für Sondermeldungen gebe es ein ordentliches Informa- tionshonorar, und rief ihn an. Vermöhlen, der seinerzeit auch die Astrologiestunde im Sender durchgesetzt hatte, jagte die Meldung sofort raus, und löste damit große Hektik in Etwashausen und Umgebung aus.
Reporterlegende Fritz P. saß gerade mit der stadtbekannten Ex-Alkoholikerin Genoveva F. bei einer Apfelsaftschorle in Pits Bistrot. Pit hatte wie so häufig das Radio laut gedreht. Als die Eilmeldung kam, sprang P. sofort auf und sagte zu F.: „Das muss ich sehen! Ich geh aufs Dach vom Kino! Kommst du mit?“

Im fahlen Licht des Hubschrauber-Scheinwerfers beginnen die Wehrleute mit der Rettungsaktion.

F. sagte nur: „Du spinnst, ich bleibe hier unten.“ Sie hatte nicht nur Höhenangst, sondern wollte P.s Abwesenheit auch zu einem Gläschen Wodka nutzen, bevor sie sich das Spektakel von der Straße aus betrachtete.
Das Kino, zurzeit das höchsten Gebäude in Etwashausen, verfügt über ein Flachdach, das über eine ausklappbare Holztreppe und durch eine große Luke im Treppenhaus erreicht werden kann. Als P. dort ankam, sah er schon mehrere Leute, die sich mit kleinen und großen Ferngläsern mühten, das mutmaßliche Flugobjekt zu identifizieren. Es gelang ihnen jedoch nicht.

Familie Müller-Lange auf dem Dach des Kino-Anbaus. Mit „Willkommen auf der Erde“ wollten sie die Außerirdischen in Etwashausen begrüßen. Aber es kam keiner.

Mitten in der Suche klingelte P.s Handy. Herr Müller-Lange, der vom hinteren Anbau des Kinos aus das Plakat gehisst hatte, wollte unbe- dingt interviewt werden. P. hörte zwar eine Weile zu, während er seine Erfahrungen mit außer- und überirdischen Erscheinungen in der Vergangenheit schilderte, machte ihm anschließend jedoch keine Hoffnungen auf Veröffentlichungen. Er sicherte ihm jedoch zu, etwas über die Polizeiaktion zu schreiben, die angesichts des Riesenplakats inzwischen in der Goethestraße gestartet war und die man vom Kinodach aus gut verfolgen konnte.

Gespannte Aufmerksamkeit auf dem Dach.

Doch dann kam das Unheil: Nach der Reporterlegende war noch Pharmavertreter Schodrowski aufs Dach gekommen. Er schloss die Luke in all der Hektik so ungünstig, dass sie sich ver- klemmte und weder von innen noch von außen öffnen ließ.
Damit hätten fünf Leute auf dem Dach in der doch recht kalten Nacht festgesessen, wenn nicht P. mit seinem Handy gleich nach der Polizei die Feuerwehr angerufen hätte.
So rückte sofort ein Leiterwagen mit voller Besatzung aus und rettete alle Leute unverletzt vom Dach. Damit war zwar eine unruhige Nacht in Etwashausen ohne Schäden – von der Dachlukenreparatur abgesehen – zu Ende gegangen, aber für einige der übereifrigen Bürger wird sie noch ein Nachspiel haben.
Der Praktikant bekam Ärger wegen der Falschmeldung: „Mit dem Honorar wird es natürlich nichts, und wage es ja nicht mehr, mich anzurufen“, keifte Vermöhlen den jungen Mann an. „Dann kriegen Sie beim nächsten Mal eben nichts mit, wenn wirklich ein Ufo kommt“, gab der zurück.
Polizeiobermeister Siegfried Rudolph drohte Müller-Lange mit der Rechnung über den Einsatz des Polizeihubschraubers. Als Müller- Lange sich auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit berief, meinte Rudolph: „So etwas muss angemeldet und genehmigt sein, besonders in so gefährlichen Zeiten.“
Die Feuerwehr verzichtete dagegen dank der guten Beziehungen mit den „Etwaigen Nachrichten“ darauf, irgendwelche Ansprüche geltend zu machen. „Für uns war das eine gute Übung“, sagte Hauptmann Alexander Hellmann.

Der Polizeihubschrauber visiert die Sternengu- cker auf der Dachterrasse an.

Und als der gerettete P. auf der Goethestraße wieder zu Genoveva F. stieß, roch er ihre Wod- kafahne. „Das ist ja wohl das Letzte“, schimpfte er. „Da passt man einmal nicht auf, und schon wird sie wieder rückfällig.“ Er solle sich nicht so anstellen, meinte F. Erstens habe sie nur einen ganz ganz kleinen Wodka getrunken, und zweitens: „Wenn ein Ufo über der Stadt kein Anlass ist, einen zu trinken, was ist es denn dann?“ Da fiel auch der Reporterlegende nichts mehr ein.

... berichtet regelmäßig in den “Etwaigen Nachrichten” (EN) über die Ereignisse in Etwashausen. Sie erreichen Fritz P. per Elektronischer Post über das Kontaktformular oder über folgende Anschrift:

Reporterlegende Fritz P.
Etwaige Nachrichten
Hauptstraße / Markt
Etwashausen

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