Nummer 80: Schwarzes Schaf auf Abwegen

Schäfer wird zum Regionalbeauftragten geladen

Das schwarze Schaf aus der neuen Herde lief zum Bahndamm, als sich der Eilzug aus Wildenranna näherte.

Etwashausen, 27. April (Eigener Bericht) Beinahe-Katastrophe am Bahndamm in der Siedlung: Ein Schaf kam in einem unbeobachteten Moment dem Bahndamm gefährlich nahe, ausgerechnet als sich der Eilzug aus Wildenranna näherte. Der Zwischenfall ging glimpflich aus, rief aber eine Reihe von Ermittlungen und Untersuchungen hervor.

Das Tier graste am Montagmorgen mit seiner Herde auf der Wiese hinter dem Hof von Bauer Hartmut Wolf. Die Herde war mit Beginn des Frühlings in der Stadt angekommen, und Wolf hatte dem Schäfer gestattet, zusammen mit seinen beiden Kühen die Wiese abzuweiden. „Es ist genug für alle da“, hatte Wolf argumentiert. Die Kühe nehmen schon lange keine Notiz mehr von den vorbeifahrenden Zügen, weil sie an Lärm und Dampf gewohnt sind. Wolf behauptet sogar, die leichten Erschütterungen besonders durch schwere Güterzüge geben seiner Milch einen ganz besonders guten Geschmack.

Eine der Kühe ging angesichts der zahlreichen Fresskonkurrenten doch ein bisschen auf Konfrontationskurs, wie Schäfer Ludwig Färber im Interview mit den „Etwaigen Nachrichten“ berichtete. „Das muss mein Schaf Ludmilla dermaßen erschreckt haben, dass es weglaufen wollte.“ Ihm selbst sei die Gefährlichkeit des Moments „ehrlich gesagt, gar nicht so sehr bewusst geworden“. Aber sein treuer Schäferhund Wotan habe die Situation mit einem Blick erfasst und dem Schaf den Weg zum Bahndamm abgeschnitten. „Auf den kann man sich verlassen“, lobte Färber.

Zufällig war Genoveva F. mit ihrem neuen Fotoapparat des Weges gekommen. Sie hatte gerade die Apfelblüten im Garten der wollte den Frühling auf die Platte bannen, drückte beherzt auf den Auslöser und schoss so das Titelfoto der heutigen Ausgabe. „Wie passend, dass Ludmilla ausgerechnet ein schwarzes Schaf ist“, sagte sie, als sie mit dem Film in die Redaktion kam. „Ich gebe euch das Foto aber nur unter der Bedingung, dass ihr auch mein Apfelbild mit in die Geschichte stellt. Die Zeitung soll ja auch mal über was Schönes berichten.“

Genovevas Apfelbaumblütenbild.

Lokführer Wieland Hellmich machte trotz des glimpflichen Ausgangs der Geschichte Meldung. Er wollte nicht ausschließen, dass das Schaf Ludmilla vor Schreck über die extrem laut ratternden Abteilwagen des Eilzugs die Flucht vom Bahndamm ergriffen hatte.

Der Regionalbeauftragte der Bahn, Gerhard Schlupp, leitete daraufhin eine Untersuchung ein. „Der Schäfer wird vorgeladen. Er muss einen Zaun um die Wiese errichten“, forderte er, „oder der Bauer. Auf keinen Fall die Bahn.“

Genoveva F. bekam den Zorn Schlupps als Erste zu spüren. „Der wollte doch tatsächlich, dass ich alle Fotos bei ihm abliefere.“, erzählte sie Reporterlegende Fritz P. am Mittag in Pits Café. „Da habe ich ihm einfach gesagt, die hätte ich alle schon dir gegeben.“

„Ja, er rief dann gleich in der Redaktion an und verlangte die sofortige Herausgabe“, sagte Fritz. Es wären bahneigene Gegenstände auf dem Foto, habe Schlupp argumentiert, und deshalb habe er das Recht an den Bildern. „Da hat er bei mir aber auf Granit gebissen. Ich habe ihm gesagt, er soll morgen in die Zeitung gucken, da könnte er genug sehen.“

„Kommst du morgen zum Abendessen zu mir?“, fragte Genoveva und nippte an ihrem Orangensaft. „Es gibt Hammelbraten.“

Genoveva (2.v.r.) kauft Gemüse und Fleisch am Markt in der Stadt.

„Wie bitte?“, fragte Fritz mit hochgezogenen Augenbrauen. „Du hast doch nicht etwa…?“

„Nein“, sagte Genoveva leicht entrüstet, dass er so etwas von ihr überhaupt denken konnte, „Den habe ich auf dem Markt gekauft, an dem Stand gleich neben eurer Redaktion. Dazu gibt es zarte Prinzessböhnchen“, ergänzte sie im Feinschmeckerton.

„Fehlt eigentlich nur noch ein Glas Rotwein“, murmelte Fritz. „Auja“, sagte Genoveva. Fritz guckte schon wieder skeptisch. „Keine Angst, nur ein einziges Glas “, lächelte die einst stadtbekannte Alkoholikerin. „Ich bin doch kein Schaf.“

... berichtet regelmäßig in den “Etwaigen Nachrichten” (EN) über die Ereignisse in Etwashausen. Sie erreichen Fritz P. per Elektronischer Post über das Kontaktformular oder über folgende Anschrift:

Reporterlegende Fritz P.
Etwaige Nachrichten
Hauptstraße / Markt
Etwashausen

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