Neue Lokalbahn nimmt den Regelbetrieb auf
Der neue Schienenbus auf Gleis 2 des Etwashausener Bahnhofs. Er fährt jetzt regelmäßig die Strecke nach Wildenranna und zurück. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagte Cafébetreiber Pit Krüger, der zu den ersten Fahrgästen gehörte.
Etwashausen, 21. November (Eigener Bericht) Die anhaltenden Bürgerbeschwerden über mangelnde Bedienung der Strecke nach Wildenranna haben Wirkung gezeigt: Bald fährt hier neben den Bundesbahnzügen auch der Schienenbus einer neu gegründeten Regionalbahngesellschaft im Pendelverkehr.
Der Geschäftsführer der „Etwashausener Lokalbahn GmbH“ (ELB), Nikolaus Gosel, erklärte am Freitag bei der Präsentation des neuen Angebots, offiziell werde der Betrieb erst zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember aufgenommen. Bis dahin werde der Schienenbus der ELB im Testbetrieb verkehren. Es dürften aber schon Passagiere mitfahren.
Der Schleier um das Geheimnis des „Erlkönigs“ (die „Etwaigen Nachrichten“ berichteten), der in den letzten Wochen Probefahrten am neuen Wildenrannaer Bahnhof unternahm, ist damit gelüftet.
Der in türkis und beige gehaltene Schienenbus der Baureihe 795 hat nach Gosels Angaben eine bewegte Geschichte. Gebaut wurde er als eines von zwölf von den Paraguayischen Staatsbahnen bestellten Exemplaren. Die Südamerikaner stornierten dann aber zwei Bestellungen wegen der galoppierenden Inflation in ihrem Land. Die Bundesbahn habe sie auch nicht haben wollen, berichtete Gosel. „Türkis-beige! Ich bitte Sie! Das sieht doch unmöglich aus“, habe Bahnchef R.G. zur Begründung erklärt.
So verkaufte der Hersteller die beiden Schienenbusse an den Altmetallhändler Anselm Karsupke in Berlin-Spandau. Der hatte von dem Boom zwischen Etwashausen und Wildenranna gehört und ermunterte seinen Freund Gosel, eine Privatbahn mit dem Ziel zu gründen, dort neben der Bundesbahn den Verkehr aufzunehmen.
Das ELB-Logo am Beiwagen des neuen Schienenbusses.
Auch Bürgermeister Wilhelm Meyer fand die Idee gut und sagte eine Beteiligung an der neuen GmbH zu. Als vierten Teilhaber holte er noch die französischen Staatsbahnen mit ins Boot. „Wenn hier so oft französische Züge ein- und ausfahren, dann müssen wir auch bei den Anschlussverkehren mit dabei sein“, sagte Jean-Claude Commartin, der als Gast aus der Seinemetropole zur Präsentation des neuen Angebots angereist war. So entstanden die ELB.
Dank der Beteiligung der öffentlichen Hand konnte die Bundesbahn auch nichts dagegen unternehmen. So entschloss sie sich zu einer Qualitätsoffensive. „Wir haben die Abteilwagen durch Durchgangswagen ersetzt“, sagte Bahnhofsvorsteher Jakob Claus,
Was Claus nicht sagte: dass die neuen Wagen einen Heidenlärm machten. Innen wie außen konnte man sich während der Fahrt nur schwer verständigen. Sie wurden deshalb auch „Donenrbüchsen“ genannt.
Der Schienenbus glitt dagegen wie eine Sänfte durch die idyllische Landschaft der Etwashausener Tiefebene. Satte Polster luden zum Sitzen, und die Rückenlehnen ließen sich umlegen, so dass alle Passagiere in Fahrtrichtung sitzen konnten. Das war allerdings manchmal auch Anlass zu Streitigkeiten, weil einzelne, die schon saßen, partout nicht mehr aufstehen wollten, nur damit ein anderer Fahrgast die Lehne umlegen konnte.
„Das ist ein ganz anderes Fahrgefühl“, jubelte der Wirt von Pits Café, Pit Krüger, im Interview mit den „Etwaigen Nachrichten“ nach seiner ersten Fahrt. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, ergänzte er. „Das sieht man ja bei uns in der Stadt. Seitdem es drei gastronomische Betriebe gibt, ist die Qualität deutlich gestiegen.“ Man müsse nur aufpassen, dass die Nachfrage stimme.
Zwischen Etwashausen und Wildenranna scheint sie zu stimmen. Trotz des zusätzlichen Angebots waren „Donnerbüchsen“-Zug wie Schienenbus in den ersten Tagen ausgebucht. Claus erinnerte daran, dass auch die Bundesbahn überlege, einen Schienenbus einzusetzen.
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