Gewerkschaftschef: Konzern soll Kommune nicht hängen lassen
Etwashausen/Berlin (Eig.Ber.) Der Aufschwung in Etwashausen hat neuen Schub erhalten: Dank der unermüdlichen Arbeit der „Etwaigen Nachrichten“ kam am Samstag Hilfe für die strukturellen Engpässe von unerwarteter Seite. Aus dem fernen Berlin erreichte die Redaktion eine Pressemitteilung der Verkehrsgewerkschaft Transnet. Darin wird der Konzern aufgefordert, mit Investitionen die florierende Wirtschaft in der Stadt zu unterstützen. Die Bahn bot ihrerseits den EN Hilfe bei der Aufarbeitung der Geschichte des Ortes an.
In der ersten Pressemitteilung, die die „Etwaigen Nachrichten“ seit ihrer Gründung zum Jahreswechsel überhaupt erreichte, bezieht sich der Gewerkschaftsvorsitzende Horbert Nansen auf das Interview der „Etwaigen Nachrichten“ mit Bürgermeister Wilhelm Meyer von voriger Woche. Darin hatte das Stadtoberhaupt erfolgreich zu einer Aktion der Bürger von Etwashausen aufgerufen, eventuell in Kellern oder Schuppen noch vorhandene Räder und Achsen für Eisenbahnfahrzeuge am Güterbahnhof abzuliefern, da die Bahn wegen der Stahlknappheit hier Nachschubprobleme hat.
Nansen ließ es nicht bei der Pressemitteilung bewenden. Zur Untermauerung seiner Forderung schickte er einen Kesselwagen nach Etwashausen, mit dem er „symbolisch etwas gegen den Mangel in
Etwashausen tun“ wollte, wie es in der Pressemitteilung hieß. Die Gewerkschaft befinde sich zurzeit in Tarifverhandlungen mit der Bahn, führte er zur Begründung an, dass er momentan keine weitere Unterstützung geben könne.
Nachdem am Freitag die Pressemitteilung auf elektronischem Weg in der Redaktion angelangt war, erfuhren die EN von der Betriebsleitzentrale der Bahndirektion, dass am Samstag auch der Waggon ankommen sollte. Und tatsächlich, am Nachmittag traf er im Güterbahnhof ein, vorsichtig geschoben vom derzeitigen Paradepferd des Etwashausener Fahrzeugparks, der sauber geputzten Güterzugdampflokomotive 41 091.
Eine Gruppe von Bahnarbeitern, die gerade mit dem Aufräumen der Gleiszwischenräume beschäftigt war, unterzog ihn sofort einer intensiven Würdigung. Ein bisschen Stolz schwang mit, als Hermann Walter, einer von ihnen, erklärte: „Endlich mal zeigt nicht nur die Industrie in Etwashausen Flagge, sondern auch meine Gewerkschaft.“
Man freue sich aber, dass es der Stadt so gut gehe, denn das bedeute Arbeit für viele und Arbeitslosigkeit für wenige. „Bin ich auch mehr wert?“, fragte ein Rangierer. Er wurde von seinen Kollegen beruhigt. „Wir sind alle mehr wert.“ Ein anderer sagte nach Lektüre der Aufschriftentafel am Kesselwagen: „Beruhigend, dass da kein Gefahrgut drin ist.“ Nansen meinte ebenfalls, es dürfe nicht dazu kommen, dass durch den Mangel Arbeitsplätze gefährdet würden.
Im Rathaus herrschte Überraschung pur ob dieser starken Rückenstärkung. Meyer sagte auf Anfrage der EN, damit hätte er „nicht im Traum gerechnet“. Die ersten Räder, die die Etwashausener nach dem Aufruf Meyers übergeben haben, seien inzwischen von der Bahn abgeholt worden. Der Regionalbevollmächtigte Gerhard Schlupp „hat sich bei mir bedankt und mich gebeten, den Dank auch an alle Bürger
weiter zu geben“, sagte der Bürgermeister, „was ich hiermit tue“, schmunzelte er im Gespräch mit Reporterlegende Fritz P. Ihm sei noch einmal versichert worden, dass der Konzern zu seinem Versprechen einer Entschädigung stehe.
Auch der Bürgermeister wies darauf hin, dass Etwashausen sich keine Arbeitslosen leisten könne, da es in der Stadt keine Arbeitsagentur gebe. Die oppositionelle Fraktion der Grünen forderte, dieses Versäumnis umgehend nachzuholen. „Das ist ja wieder einmal Kapitalismus pur, was hier abgeht“, sagte ihr Stadtrat Bernd Meyer. „Hier wird wieder einmal Lärm gemacht um nichts“, konterte Hans-Karl Ulrich, der Sprecher des Bürgermeisters.
Von der Bahn selbst war keine Stellungnahme zu erhalten. Ein Sprecher argumentierte, es handele sich um ein schwebendes Verfahren. Allerdings wur- de den „Etwaigen Nachrichten“ eine Öffnung des Archivs in Aussicht gestellt. Damit soll die historische Verbindung zwischen der Stadt und der Eisenbahn untersucht werden. Möglicherweise gibt es Zusammenhänge zwischen Etwashausen und dem Schienenverkehr aus den Anfängen des vorigen Jahrhunderts, von dem sich noch kaum jemand Vorstellungen macht.
Zurzeit ist die Redaktion noch am Sichten der ersten Unterlagen. Aber vielleicht gibt es schon in der nächsten Ausgabe mehr Einzelheiten.
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