Nacht-und-Nebel-Aktion: Briefkasten am Wiesenweg abgebaut
Etwashausen (Eig.Ber.) Die Bundespost hat in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den Briefkasten am Wiesenweg abgebaut. Nach Angaben eines Postsprechers sollen mit solchen Maßnahmen die Wege der Briefkastenleerer verkürzt werden. Womit die Post nicht gerechnet hatte: Die „Etwaigen Nachrichten“ bekamen Wind von der Sache und konnten alles dokumentieren, so dass sich nun der Stadtrat damit befassen wird.
Dank der guten Beziehungen zur Basis war EN-Reporterlegende Fritz P. rechtzeitig benachrichtigt worden. Zwar hatte er leise geflucht, als das Telefon klingelte. Aber letztlich hatte die journalistische Herausforderung doch die Oberhand behalten. Bald lag er mit einem Fotografen im Fabrikgelände gegenüber dem Briefkastenstandort nahe der Kreuzung Hauptstraße/Wiesenweg auf der Lauer.
Kurz darauf hielt vor dem gelben Kasten ein nachtgrauer Post-Lkw. Ihm entstiegen ein Postbeamter und ein Arbeiter, der im matten Schein der Straßenlaterne mit einem Pickel die Betonverankerung des Briefkastens aufbrach. Trotz der erheblichen Geräusche, die das verursachte, regte sich kein Nachbar. Auch in der Wirtschaft, wo noch gefeiert wurde, merkte niemand etwas. „Es ist Neumond“, hörte P. den Beamten sagen, „da schlafen die Leute besonders gut.“
Wenig später war der Briefkasten unter der Plane des Lasters verstaut. Der machte sich auf zum Güterbahnhof, und Fritz P. und der Fotograf fuhren unauffällig hinterher.
Der Informant hatte dem Reporter auch gesteckt, dass der Briefkasten nach Wilden- ranna zu dem neuen Ladegleis gefahren werden sollte, um dort verschrottet zu werden. Es war der einzige Briefkasten nördlich des Etwashausener Bahnübergangs.
„Na, das schauen wir uns doch gleich mal an“, sagte Fritz P. Er hatte am Güterbahnhof genug gesehen, setzte sich wieder hinters Steuer und lenkte den nachtschwarzen Citroën Richtung Wildenranna. „Du musst hier unten lang fahren“, riet ihm der Fotograf. „Der Personenbahnhof ist zwar oben, aber das Ladegleis ist hier unten am Hang.“
Und tatsächlich schob gerade eine V 36 zwei Waggons unter den Bockkran an dem hell erleuchteten Ladegleis. Auf einem Rungenwagen erkannte er den Briefkasten vom Wiesenweg wieder.
Leise klickte die Leica seines Kollegen, als der gelbe Behälter auf die Rampe neben dem Bockkran geladen wurde. Der war unterdessen damit beschäftigt, die alten Bogenlampen von den Bahnübergängen umzuladen.
Plötzlich hielt der Fotograf inne. „Guck’ mal, wer da kommt.“ Er wies auf einen Mann im dunklen Anzug, der sich neben dem Lastwagen der Schrotthandlung postiert hatte. „Das ist doch der Meyer?“, fragte er und fotografierte hektisch weiter. „Genau“, sagte P. „Den habe ich angerufen, damit er den Skandal selber sieht.“
Am Samstagmorgen hatte P. einen Termin im Rathaus mit Bürgermeister Wilhelm Meyer. Der sah sich die Fotos an und sagte: „Das ist ja wohl das Letzte! Irgendwann schaffen die auch noch die zweite tägliche Briefzustellung ab, wenn wir nicht aufpassen.“ Er murmelte etwas von „Universalauftrag“ der Post, und sagte zu P.: „Ich werde das verhindern. Es kann doch nicht sein, dass die Bürger, wenn sie nur einen Brief einwerfen wollen, erst über den Bahnübergang in die Innenstadt müssen.“
Zunächst wird der Stadtrat darüber debattieren. „Unser Ziel ist es, die Postdienste in Etwashausen zu erhalten und möglichst auszuweiten. Notfalls stellen wir eigene Briefkästen auf“, sagte Meyer.
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