Nummer 79: Nach Fässern gebaggert

Arbeiten im Güterbahnhof im Fokus der Umweltschützer

Etwashausen, 12. April (Eigener Bericht) Im Güterbahnhof wird oft leichtfertig mit Chemikalien umgegangen. Das ergab eine Studie des Instituts für abgewandte Logistik, die den „Etwaigen Nachrichten“ vorliegt. Bahnhofschef Jürgen Vogel erklärte dazu auf Anfrage, die Studie übertreibe stark. Er versprach jedoch, künftig genauer hinzusehen.

Die Prüfer untersuchen einen Staubgutwagen am Ladegleis. Hier scheint alles in bester Ordnung zu sein.

Der Studie zufolge setzen sich besonders die Arbeiter selbst immer wieder unnötig Gefahren aus. So würden sie zum Beispiel häufig ohne Helm die Waggons beladen, und auch mit Schutzhandschuhen haben sie nicht viel am Hut. Vielfach lassen sie durch unachtsames Hantieren auch Staub austreten, was sich dann als grauer Niederschlag überall unangenehm bemerkbar
macht. „Genau“, sagte Genoveva, als Reporterlegende Fritz P. ihr die Geschichte erzählte. „Das stört mich auch immer, wenn ich hier in der Nähe vorbeifahre. Ich muss dann immer niesen.“
„Der dickste Hund“, sagte Wilhelm Meiserich, der Feinstaubexperte der städtischen Umweltbehörde, im Gespräch mit dieser Zeitung, „ist aber, dass mit einer riesigen Baggerschaufel die Fässer umgeladen werden. „Das geht einfach nicht. Wenn die runterfallen, kann wer weiß was passieren.“

Die große gelb-schwarz gestreifte Baggerschaufel schwebt drohend über dem alten Laster der Farben AG. Bisher ist noch nichts passiert, auch wenn hin und wieder ein Fass die Ladefläche verfehlt.

Kranführer Erwin Dreher lud Reporterlegende Fritz P. ins Kranhaus ein. Der Journalist war begeistert von dem Ausblick. Im Ge- spräch wies Dreher darauf hin, dass die Baggerschaufel unter Denkmalschutz steht. Sie hängt schon seit rund 35 Jahren am Kranhaken. „Wir heben und senken damit schon seit Jahrzehnten Dinge, die man normalerweise nicht mit einer Baggerschaufel laden würde“, sagte er, während er zwei Fässer aus dem alten Omm-52-Wagen schnappte und vorsichtig auf die Ladefläche des Farben-AG-Lasters hievte. „Heute ist das nicht so wichtig. Die Fässer sind eh leer. Sonst würden sie doch nicht so kreuz und quer in dem Waggon herumliegen. Die werden erst in der Fabrik wieder mit Farbstoffen und Verdünner gefüllt. Wenn man die vollen Fässer verlädt, muss man natürlich viel vorsichtiger vorgehen.“
Tatsächlich fallen manchmal Fässer herunter. Hin und wieder verfehlen sie die Ladefläche. Bis jetzt ist noch nie etwas passiert. „Da kann man nur sagen: Glück gehabt“, sagte Meiserich. Und der Lastwagen ist ja eigentlich auch reif fürs Museum.“ Die Farben AG nutzt den blauen Wagen, der noch aus dem Ersten Weltkrieg stammt und nicht mal ein Führerhaus hat, nur noch für Fahrten von der Fabrik zum Güterbahnhof. „Keinerlei Sicherheitseinrichtungen. Da kannst du froh sein, dass überhaupt das Licht brennt.“
Lobend erwähnte die Studie, dass die Chemikalientransporte in der Regel mit Elektrolokomotiven erledigt werden. In Etwashausen ist vor einiger Zeit eine E 60 eingetroffen, die seitdem zusammen mit der bereits bekannten Diesellok V 60 den Rangier- und Übergabeverkehr bewältigt.

„Also mir gefällt die Elektrolok besser. Die hat so was Archaisches“, sagte Genoveva am Abend im Dorfkrug. „Darum geht es ja eigentlich nicht“, entgegnete Vogel. „Aber es ist schon wahr, wenn man sich überlegt, all dieser neumodische Schnickschnack bei den anderen Loks. Trotzdem kann die Rote noch mit den modernen Maschinen mithalten. Und sie hat einen großen Vorteil: Sie stinkt nicht“, fügte er hinzu.

„Bei den Chemietransporten müssen wir nur aufpassen, dass der Funkenflug nicht gefährlich wird. Bei nebligem Wetter kann das ein Risiko werden.“ Da kommt dann doch schon mal die Diesellok zum Einsatz.

Die rote E-Lok hat die Herzen der Rangierer erobert. Hier fährt sie mit einem Chemietransport in den Güterbahnhof ein.

An den Staubgutwagen, in denen Waschmittel im großen Stil transportiert werden, hatte die Studie auch nichts zu beanstanden. Die Verschlüsse funktionierten, und die Reklame werde auch anspruchsvollen literarischen Standards gerecht, befanden die Prüfer.

... berichtet regelmäßig in den “Etwaigen Nachrichten” (EN) über die Ereignisse in Etwashausen. Sie erreichen Fritz P. per Elektronischer Post über das Kontaktformular oder über folgende Anschrift:

Reporterlegende Fritz P.
Etwaige Nachrichten
Hauptstraße / Markt
Etwashausen

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