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Nummer 181: Dunkler Himmel über Pits Café

Geschrieben von Thomas Rietig am 14. Februar 2021

Ein neapolitanischer Bekannter verlor eine Wette


Der Straßenroller: Ein echter Blickfang auf der Hauptstraße. © Etwaige Nachrichten

Etwashausen, 10. Februar (Eigener Bericht) Eine gewonnene Wette hat am Wochenende die Stadt in Aufregung versetzt. Ein ganzer Güterwagen wurde per Straßenroller vor Pits Café gefahren. „Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet”, sagte Pit. Im Exklusiv-Inter­view der „Etwaigen Nachrichten” erklärte er, was es mit der gewaltigen Lieferung aus Italien auf sich hat.

Der Himmel vor den Schaufenstern des Cafés verdunkelte sich, nachdem Manni Lindner es ge­schafft hatte, den Culemeyer trotz der Enge der Goethestraße direkt vors Café zu bugsieren. Es war überhaupt das erste Mal, dass der große Straßenroller in die Innenstadt fuhr. Die Fahrzeuge gelten noch immer als probates Mittel, Wagenladungen, aber auch sperrige Gegenstände wie Turbinen für Kraftwerke oder ähnliches, zu Kunden zu bringen, die keinen Gleisanschluss haben. Die Schlepper, die Anhänger und Waggons mit einem Gewicht von -zig Tonnen ziehen können, haben Spezial­motoren und -getriebe, die ein ganz langsames Anfahren und zentimetergenaues Rangieren im oft engen Raum ermöglichen, aber dafür in ihrer Höchstgeschwin­digkeit auf 25 km/h beschränkt sind.

Pit hatte mit diesem Monster in der Goethestraße überhaupt nicht gerechnet, schon gar nicht damit, dass der Inhalt für ihn bestimmt war. Er war to­tal über­rascht. „Wieso hat mir denn keiner was gesagt?”, fragte er Manni, als der ihm die eindeuti­gen Frachtpapiere präsentierte und um seine Unterschrift bat. Manni zuckte mit den Schultern: „Uns ist dieser Wagen von den Italienern mit Deiner Adresse überstellt worden.”

Pit schaute auf den Absender, es war eine Lebensmittel-Großhandlung aus Neapel, und da dämmerte es ihm: „Den Chef von dem Laden habe ich im Sommer bei einer Dienstreise kennengelernt. Dann ist das ja offenbar ein Angebot, das ich nicht ablehnen kann.” Er öffnete die Waggontür. Drin waren unter anderem mehrere Kisten Montepulciano und Wermut, ein Fass Grappa, mehrere Zentnerpackungen voller Käsestangen, Tomatenmark, echte Tomaten, Pasta aller Art, wei­tere Zutaten wie Pesto in verschiedenen Geschmacksrichtungen in einer Kühlbox sowie zwei wohl­riechende Laibe Parmesan. Unter den Frachtpapieren war auch eine Rechnung. Die Summe belief sich auf Nullkommanull Mark.

„Hoffentlich hat das keinen Pferdefuß”, murmelte Pit. „Wie meinen Sie das?”, fragte Reporterle­gende Fritz P., der im schräg gegenüberliegenden Redaktionsgebäude auf das große Fahrzeug auf­merksam geworden und auf die Straße gelaufen war. „Also ich habe vor einigen Wochen in Italien mit einem Mann im Restaurant in Neapel gewettet, dass er meine Pizza nicht von einer aus der Alt­stadt würde unterscheiden können.”

„Das gibt es doch nicht”, zweifelte der Reporter.

„Der Bekannte hat es auch nicht geglaubt. Deshalb wettete er mit mir. Sollte ich gewinnen, würde er mir einen ganzen Waggon voller Zutaten für italienisches Essen vor die Cafétür stellen.”

„Also Sie haben gewonnen. Und wie haben Sie das hingekriegt?”

„Eigentlich ganz einfach. Die Neapolitaner sind so stolz auf ihre Pizza, dass sie die Zubereitung in aller Präzision voll öffentlich gemacht haben. Wir hier in Deutschland essen zwar etwas anderes unter dem Namen Pizza, aber wenn man sich ins Rezept ein bisschen reinfuchst, kriegt man es nach ein paar Versuchen auch neapolitanisch hin. Wenn man Glück hat.”

„Sie haben es ja offensichtlich geschafft.”

„Ja, aber ich habe nicht geglaubt, dass der Signore Ernst macht mit der Wette.”

„Und jetzt gibt es nur noch italienische Spezialitäten bei Ihnen auf der Speisekarte?”

„Nein, die Bockwurst bleibt drauf. Aber viel mehr Pasta. Und zum Sonderpreis. Meine Gäste sollen auch was davon haben.”

„Eine Frage noch”, meinte Fritz. „Was hätten Sie machen müssen, wenn Sie verloren hät­ten?”

„Ein Jahr lang alle Familienmitglieder kostenlos im Café bewirten.”

„Hört sich nach einer großen Familie an.”

Pit runzelte die Stirn. „Ja. Vielleicht kommen sie ja trotzdem. Hoffen wir, sie haben einen Ehren­kodex, der mit unserem kompatibel ist.”

Fritz und Manni halfen Pit ein wenig beim Ausladen. Nach anderthalb Stunden war der Vorratskeller voll bis oben hin, und der Straßenroller mit dem Kühlwagen fuhr wieder zum Güterbahnhof.


Viel Platz zum Rangieren war in der engen Altstadt nicht. © Etwaige Nachrichten

Thema: Nachrichten
Schlagwörter:
Culemeyer, Etwashausen, H0, Italien, Mafia, Martini, Modellbahn, Märklin, Neapel, Pasta, Pizza, Straßenroller

Thomas Rietig

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