Schweinetransport sorgt für kleinen Skandal im Bahnbetrieb –
Etwashausen, 19. Juli (Eigener Bericht) Ein ungewöhnlicher Transport hat Ärger unter Fahrgästen eines Personenzuges ausgelöst. Etwashausens Güterbahnhofschef Jürgen Vogel hatte aufgrund akuten Lok- und Lokführermangels beschlossen, einen Schweinetransport zu Schäfer Pümbels Hof einfach an den Regionalexpress zu hängen, anstatt ihn, wie üblich, separat von Etwashausen nach Wildenranna zu befördern. Daraufhin beschwerten sich die Fahrgäste im letzten Wagen des Regionalexpresses über infernalischen Gestank im Zug.
Die Schweine und das lila Schaf auf dem Weg zum Viehtransportwaggon. Ganz links passt Mafalda auf, dass kein Schwein verloren geht. © alle Fotos: Etwaige Nachrichten
Die Tiere, vier Schweine und ein lila Schaf, waren aus der Großzuchtanlage in Neustadt zu Schäfer Bartholomäus Pümbel unterwegs, damit er sie nachhaltig unterbringen und mästen beziehungsweise scheren kann. Derartige Transporte fallen mehrmals im Jahr an, da einige Gastronomiebetriebe der Umgebung ihren Gästen nur ökologisch sauber verarbeitetes Fleisch aus der Region anbieten wollen. Normalerweise kommen die Tiere in Lastwagen an und werden im Etwashausener Güterbahnhof in spezielle Tierzüge umgeladen. Oder sie werden gleich aus den Zuchtbetrieben mit Zügen transportiert, ohne dass die Öffentlichkeit davon viel merkt.
Diesmal war es aber alles anders, wie Vogel auf Anfrage den „Etwaigen Nachrichten“ exklusiv mitteilte. Die Lokleitung im fernen Neustadt sah sich nämlich außerstande, zeitgerecht eine Zuglok für die Tiertransporte bereitzustellen. „Wir haben schon Schwierigkeiten gehabt, an den Waggon zu kommen, aber schließlich hat es doch noch geklappt“, sagte Vogel. Der Laster kam auch pünktlich an und wollte gleich wieder weg, sodass keine andere Möglichkeit blieb, als sofort umzuladen. „Ich habe dann in Abstimmung mit der Fahrdienstleitung entschieden, den Waggon an den Express dranzuhängen.“
Zunächst machten sich also unter den Augen von Pümbel, Vogel und Reporterlegende Fritz P. die Tiere am Güterbahnhof auf den Weg vom Lkw-Anhänger zum Viehwagen, in dem eine Menge Mist auf dem Boden lag. Ein halbwüchsiges Ferkel versuchte auszubüchsen, aber Pümbels Schäferhündin Mafalda nötigte es professionell auf den richtigen Weg.
Als alle im Viehwagen verschwunden waren, rangierte die alte E 63 den Waggon an den Regionalexpress, der schon auf Gleis zwei im Etwashausener Bahnhof wartete.
Hemmschuh-Kalle auf dem Weg zur Kupplung.
Hemmschuh-Kalle, der Rangierer, verband Kupplungen und Bremsleitung und meckerte kurz über die sich entwickelnde Geruchskulisse. Vogel maß dem keine weitere Bedeutung bei: „Das tut er jedesmal, wenn die Tiere hier ankommen.“ Einige Fahrgäste auf dem Bahnsteig und im letzten Waggon, dessen Tür zum Perron aus Lüftungsgründen offen stand, rümpften aber bereits jetzt die Nase. „Das erste, was ich gemacht habe, nachdem ich das gerochen habe, war, diese Tür zuzumachen. Aber natürlich ist die so ausgeleiert, dass sie während der Fahrt immer wieder aufging,“, schimpfte Lucia R., die in doppelter Bedeutung des Wortes im Zug saß. Und betonte, dass sie normalerweise nur 1. Klasse fährt: „Hätte ich das nur diesmal auch getan!“ Das Abteil für die zahlungskräftigeren Menschen war weiter vorn im Zug, und dort beschwerte sich niemand.
Auf die Frage, warum denn nicht die alte E 63 den Waggon mal eben bis Wildenranna hätte fahren können, antwortete Vogel: „Unser Lokführer Emil Ginster hat Urlaub. Der Hilfslokführer, den wir jetzt hier beschäftigen, hat keine Streckenkenntnis für die doch recht schwierige Rampe nach Wildenranna hinauf.“
Auf dieser Rampe musste sich auch die Zuglok des Regionalexpress einigermaßen anstrengen, um den Zug voranzubringen, sodass der Fahrtwind nicht ausreichte, die olfaktorische Erfahrung eines Misthaufens mit einer Reihe von Schweinen von den menschlichen Fahrgästen fernzuhalten.
Als letztere in Wildenranna ausstiegen, hatte Lucia R. erwartungsgemäß bereites einige Mitstreiterinnen um sich geschart, mit denen sie am Bahnsteig Fritz P. umringte, der ebenfalls mitgefahren war, aber weiter vorne Platz genommen hatte. „Schreiben Sie das!“, rief sie fast wütend. Das könne doch so nicht weitergehen. Sie drohte, beim Bundestag eine Petition einzureichen, damit Tiertransporte hinter Personenzügen verboten würden. Zugführer Michael Schröder, der auch dazugekommen war, versuchte kleinlaut zu vermitteln: „Aber immerhin waren wir doch pünktlich, und das trotz des außerplanmäßigen Rangiermanövers.“
Vogel verneinte im Gespräch mit den „Etwaigen Nachrichten“ die Frage, ob er einen Rüffel von der Direktion bekommen habe. „Im Gegenteil, sie haben mich gelobt, dass ich so eine der Situation angepasste Problemlösung gefunden habe.“ Er habe der Direktion das Versprechen abgenötigt, die Perrontür im Personenwagen schnellstmöglich zu reparieren, fügte Vogel hinzu. Auf der anderen Seite des Bahnsteigs verließen unterdessen die Tiere den Waggon. Praktischerweise waren es von dort nur ein paar Meter bis zu Pümbels Stallgebäuden. Was P. zunächst nicht klären konnte, war der Ursprung der Farbe Lila des Schafes.
Nur wenige Meter waren es von der Rampe des Viehtransportwaggons zu Pümbels Stall.